Archiv für den Monat: Juni 2008

Von falschen Fahnen und wichtigen Greencards

Wenn dein Auge auf das Bild sieht, ist es versucht, an Fußball zu denken. Oft neigt der Verstand zur einfachen, nahe liegenden Erklärung. Aber das wäre sehr falsch. Diese Fahne weht aus anderen Gründen.
Heute Nachmittag besuchte ich meinen Vater in seinem Schrebergarten. Als kleiner Junge war er für mich der stärkste Vater von allen. Sein Leben lang arbeitete er hart und schwer, und wenn es überhaupt jemanden gibt, der alles gut und richtig gemacht hat in seinem Leben, dann ist er das.
Als vor ein paar Jahren die schweren Operationen begannen, bewunderte ich ihn noch mehr für seine Stärke, die unausweichlichen Leiden zu ertragen, seinen Willen, das Leben auf keinen Fall herzugeben, seinen Optimismus, das alles wieder gut würde. Monate über Monate lag er auf Intensivstationen – und ich versorgte ihn mit Internet-Dossiers über seine Krankheiten bis er mehr wußte als seine Ärzte. Irgendwann, endlich, schien die böse Serie abzureissen.
Wie oft kann man mit dem Tod Poker spielen und gewinnen? Wieviele Lethalprognosen kann man in einer Strecke überleben? Warum bekommt ein Mann, der schon weit mehr aushalten musste, als die meisten anderen Menschen in ihrem ganzen Leben ertragen müssen, nicht eine höchstgöttliche Gesundheitsgreencard? Irgendeine beschissene Wolke, die sich auftut und eine möglichst allmächtige Stimme, die sagt: „Du hast jetzt genug gelitten. Du bist raus aus meinem Schmerzspiel“. Aber diese Stimme ertönt niemals. Und das Leben ist nicht gerecht.
Heute, im Garten, traf ich zum ersten Mal einen ängstlichen Mann. Er hat diese Woche erfahren, dass er Lympfknotenkrebs hat. Und er fragt sich, wieviele Spiele er noch gewinnen kann. Und dann sagt er: „Wir müssen nochmal reden, bevor ich wieder ins Krankenhaus gehe“. Und sein Blick verliert sich. Das macht mir Angst.
Nach einer Weile sage ich in die Stille: „Lass uns zusammen die spanische Flagge hissen, einfach, um deine Gartennachbarn zu ärgern, bevor das Finalspiel beginnt“. Und er lacht mich an. Spitzbübisch. Und für einen Moment bleibt die Zeit stehen. Genug Sekunden für ein Foto von einer spanischen Flagge, die mutig im Wind weht.
Neon!

Nahtod-Erfahrung auf der Crunch Bench

Don't mess with the Crunch Bench

Ich habe den Grund noch nicht gefunden, warum blonde Frauen [Exkurs: Das „blond“ ist wirklich kein Vorurteil, sondern exakte, individuelle, statistische Auswertung] glauben, sie könnten das Newton’sche Schwerkraftgesetz mit der Kraft ihrer Gedanken Naivität gedanklichen Unbeschwertheit dahingehend verändern, dass, wenn sie auf einer Crunch Bench SITZEN und an dem pfeilmarkierten Hebel zur Winkelverstellung ZIEHEN (Gedankennotiz: Ein Hebel wird dadurch enthebelt!), sich das durch ihr Körpergewicht beschwerte Brett nicht in durchaus rasanter Geschwindigkeit gen Boden bewegen würde.
Wie auch immer: Die blonde Versuchscruncherin, die diesen außergewöhnlichen Weg der Geräteanpassung heute Abend im Fitnessstudio wählte, machte also – bedingt durch ihre blitzschnell kapitulierende Sitzfläche – eine nicht sehr elegante Rolle rückwärts und landete dermaßen ungewollt katapultiert und mit großen Augen vor meinen Füßen.
Ganz Gentleman, befreite ich sie von Ihrem Sport-BH Kopfhörerkabel, welches sich in Luft abschneidender Weise durch den Fall um ihren Hals gelegt hatte und sie zu ersticken drohte. Gottseidank musste ich kein Blut tupfen wie Frau Nessy, aber ich denke, ich habe mit dieser Heldentat eine lebenslange Freundin gefunden, der ich sicher noch oft im Fitnessstudio das Leben retten muss darf, wenn sie mal wieder am falschen Hebel zieht.
Manche Menschen entwickeln wirklich sonderbare Ideen, sich vom Hier ins Jenseits zu befördern.
Neon!

June’s Official „Tragic Proof of a Missing ‚Why?‘ Chromosome“ Price

Don't risk falling

Es ist wahrlich kein leichtes Unterfangen, einen würdigen Preisträger des „Tragic Proof of a Missing ‚Why?‘ Chromosome-Price“ zu finden. Oft bieten sich Menschen aus der alltäglichen Begegnung an, die aufgrund ihrer begrenzt funktionierenden DNA-Bausteine nicht selten zu unfassbaren Handlungen fähig sind, die ihre weitere Existenz potenziell stark limitieren oder – was (begrüßenswerterweise) eher selten vorkommt – ein für allemal terminieren.
Doch die Häufigkeit, mit der weltweit Zoobesucher mit Tigern spielen wollen, sich Fußgänger mehr oder weniger unfreiwillig mit der Kraft von Straßenbahnen zu messen in der Lage sehen, oder als Zuschauer bei Autostraßenrennen frisch beführerscheinter Kids ihr Leben aushauchen, sorgt für eine kontinuierliche Inflation möglicher Preisträger.
Selten jedoch gibt es herausragende Fälle drastischer DNA-Fehlfunktionen, die sich, wenngleich auch stets eine gehörige Portion mitfühlender Anteilnahme ein Aspekt der Betrachtung bleibt, gradlinig eine besondere Erwähnung in dieser Rubrik zu erarbeiten beabsichtigen, in dem sie durch ihre für rational denkendere Zeitgenossen nicht deduzierbaren Handlungsabfolgen unter Beweis stellen, dass DNA komplexe Denkmuster befördern kann, aber nicht notwendigerweise muss.
Die Laudatio dieses Monats könnte gut mit „Don’t drink and sleep rough on a roof“ überschrieben werden. Nicht, dass es ansich ein gute Idee wäre, sich betrunken auf ein Dach in 2-stelliger Meterhöhe zu begeben. Das Vorhaben aber, sich auf dem abschüssigen Dach auch schlafen zu legen, differenziert schon mal den Wagemutigen vom potenziellen Preisträger.
Unter Berücksichtigung eines restfunktionierenden Überlebenswillens hätte man jedoch vorausdenkenderweise dahin gelangen können, dass ein schlafender, um Basis-Sicherungsmaßnahmen (wie z.B. Festhalten) beraubter Körper auf dem abschüssigen Dach ins Rollen geraten und den Besitzer ebenjenes Körpers zu einem schnellen aber (bedingt durch den weiter unten stattfindenden Aufschlag) insgesamt kurzen Aufwachen nötigen könnte.
Der Kreuzberger, der am Samstag an der Köpenicker Straße alkoholisierten Fußes ein Gebäudedach bestieg, konnte für sich jedoch diese begrenzt komplexe Kausalität nicht mehr erschließen. Unter Mißachtung vorausplanender Sicherungen rollte er, nachdem er eingeschlafen war, vom Dach und stürzte etwa 8m tiefer auf ein Vordach, welches seinem über die Nacht hinaus geplanten Fortbestehen ein tragisches Ende setzte.
Die Polizei konnte bislang nicht aufklären, warum der Mann auf das Dach kletterte und sich dort schlafen legte.
Neon!

Dumme leben länger

Spackendoof

Fliegen haben das ökonomische Minimax-Prinzip (mit minimalem Aufwand maximalen Output erzielen) genetisch offenbar hervorragend implementiert. Wissenschaftler der Uni Lausanne fanden nämlich heraus, dass dumme Fliegen deutlich länger leben (85 Tage) als die extra herangezüchteten Intelligenten (60 Tage) – immerhin eine um 42% verlängerte Lebensspanne für die Dumbo-Fliegen.
Sie erklärten den kürzeren Lebenszyklus der Einstein-Fliegen mit dem höheren Energieverbrauch für ihr Gehirn: dieses benötige viel Energie (etwa 1/4tel der Gesamtenergie!) und ließe die Fliegen deswegen schneller altern.
Ich habe lange sehr intelligent über diese wissenschaftliche Erkenntnis nachgedacht und gemerkt, wie ich dabei altere. Als ich mit Nachdenken fertig war, hatte ich schon wieder 5 gefühlte Falten mehr. Daher habe ich beschlossen, jetzt die Pferde Fliegen Seiten zu wechseln! Ab sofort werde ich mich absolut spackendoof anstellen. Ich höre schon, wie sich grad viele auf die Schenkel schlagen und denken: „Na so viel Unterschied wird man da wohl nicht bemerken„. Aber das wäre zu früh gelacht, weil ich echt noch viel viel dööfer kann.
Ich werde jedes Twoday-Posting falsch verstehen und nur noch Sinn entstellende, absolut niveaulose, völlig entgeistigte, unterirdisch bescheuerte Kommentare hinterlassen, die für einen Bildungsgrad weit unterhalb der Debilitätsgrenze sprechen. Ich werde zur persona-non-grata werden, geschätzte Blogger werden mich als Dauerdoofkommentator sperren, Mitleid und Abscheu werden mir entgegenschlagen über soviel unglaubliche Blödheit, aber… und darauf kommt’s eben an: Dafür werde ich etwa 128 Jahre alt. Und wenn ich mich wie ein absoluter Superidiot benehme, vielleicht noch etwas mehr.
Womöglich ist sogar der Jahrtausende alte Menschheitstraum vom ewigen Leben jetzt greifbar nahe: Man muss sich wahrscheinlich nur strotzdoof genug anstellen, wirklich alles verpeilen und absolut gar nichts auf die Reihe kriegen. Willsu leben, mussu verblöden! So isch!
Neon!

Neon süß-sauer

Epochales Huhn süß-sauer

Angeregt durch Frau Caliente’s kürzliche Wok-Erwähnung und in Erinnerung des schon Jahre laufenden Selbstversuchs, endlich Hühnchen süß-sauer im eigenen Wok geschmacklich so hinzukriegen wie man es auch in einem guten chinesischen Restaurant erwarten dürfte, habe ich am Wochenende unter Aufbietung enormer künstlerisch-kreativer Kräfte, feinster Zutaten, handwerklicher Spitzenleistungen sowie eines mittleren Küchentsunamis einen weiteren, diesmal äußerst erfolgreichen Wokversuch unternommen und für die Nachwelt dokumentiert.
Ungeachtet der Tatsache, dass Männer sich heutzutage nicht scheuen sollten, auch öffentlich selbst Hand anzulegen den Holzlöffel in den Wok zu halten, trägt dieses phänomenal mundende Ergebnis unzweifelhaft zu einer weiteren deutlichen Steigerung des männlichen Marktwertes bei, zumal des brillianten Kochens mächtige Männer angesichts der gleichzeitig stark erodierenden Kenntnisstände in der Gruppe fertiggerichtzufriedener Frauen auf ebensolche extrem starke Anziehungskräfte bis hin zu kulinarischer Hörigkeit auslösen.
Dies wissend und nichts Geringeres erwartend, habe ich die einzelnen Prozessschritte zur Anfertigung des bis dato unerreichten, Geschmacksexplosionen induzierenden Jahrhundertgerichts niedergeschrieben und reich bebildert, so dass auch Grobmotoriker der in BoFrost und Eismann lebenden Parallelwelten in die Lage versetzt werden, durch schrittweises Nachkochen in diesen außergewöhnlichen, Dopamin-Sonderausschüttungen generierenden Genuß zu kommen.
Das einmalige, epochale Kunstwerk kann hier als gezipptes PDF herunter geladen werden.
Neon!