Archiv für den Monat: Oktober 2009

Beunruhigende Zukunftsvisionen

Es ist für mich einerseits verblüffend und gleichzeitig zunehmend beunruhigend, welche seherischen Fähigkeiten sich mir in letzter Zeit eröffnet haben. Nicht, dass mir nicht schon früher Geister (z.B. der vergangenen und zukünftigen Weihnacht) erschienen sind. Doch hielt ich das bislang für eine zu tolerierende Begleiterscheinung der Vorweihnachtszeit und dem leicht psychedelischen Bewusstseinszustand, der sich freundlicherweise beim Genuß von zwei Pfund Zimtsternen in Verbindung mit drei Flaschen Glühwein einstellt.
Jedoch kann das nicht als Erklärung dafür herhalten, dass ich letzte Woche zuerst mir selbst begegnete und dann in die äußerst ambivalente Zukunft von Fräulein Caliente blicken konnte musste. Gerade letztere Offenbarung hat mich tief traumatisiert und erschüttert. Lange haderte ich mit mir selbst, ob ich mit diesem auf kaum greifbaren Eingebungen basierenden, äußerst prekären Wissen an die Öffentlichkeit gehen soll, ja darf! Wie würden diese erschreckenden Erkenntnisse auf ihr soziales Netzwerk wirken? Wie würde sie diese investigative Aufdeckung im besten Wallraff-Stil selbst verarbeiten?
Doch zunächst zu meinem eigenen Déjà-vu, in dessen Verlauf ich, auf der A3 in Richtung Frankfurt bretternd fahrend, meiner selbst ansichtig wurde.

Wer wollte mir da ein Zeichen geben? Was sollte mir dies sagen? Würde ich bald all mein Hab und Gut verkaufen, einen Kastenwagen erwerben, liebevoll bemalen, und dann nur mit dem Nötigsten nach Kanada auswandern? Würde ich endlich meinen Lebenstraum verwirklichen und ein Lichtberatungsstudio in Al-Hammada al-Hamra eröffnen? Minutenlang starrte ich auf den Kleinlastwagen und zermarterte mir das Gehirn.
Als wenn das alles nicht genug gewesen wäre, um mich aus der Bahn zu werfen, musste ich am folgenden Tag auf dem Kundenparkplatz eines Düsseldorfer Getränkehändlers (dessen Identität weiter unter Verschluss gehalten wird) auf folgendes Werbeschild blicken:

Fräulein Caliente (aka „Dolce Vita“) hatte sich also entschieden und beabsichtigte, sich nun mit der dunklen Seite der Macht zu verbünden. Ihr karges Leben in Italien war der lebenshungrigen Wilden und ihrer Gier nach aufregenden Erlebnissen nicht mehr genug. Sie wollte mehr! Viel mehr! Das wurde mir jetzt knallhart und mit einem Schlag klar. Traurig und erschüttert blickte ich in ihren aufreizenden Augenaufschlag und klebte dann ein Pflaster auf ihre nackte Brustspitze, während ich meinen Blick keusch abwandte. Gerne erbrachte ich ihr diesen letzten Gruß des Anstands.
Und natürlich werde ich sie trotz meiner hohen sittlichen Maßstäbe und festen moralischen Grundüberzeugungen auf einen Piccolo Kaffee besuchen, wenn sie sich hier niedergelassen hat. Sie hat uns mit ihren tragikkomischen Hausmeister- und Kamerageschichten hier auf Twoday viel Freude gemacht – das sollten wir niemals vergessen! Auch jetzt nicht!
Neon!

Alle Lust will Ewigkeit

O Mensch! Gib acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
„Ich schlief, ich schlief -,
Aus tiefem Traum bin ich erwacht: –
Die Welt ist tief,
Und tiefer als der Tag gedacht.
Tief ist ihr Weh -,
Lust – tiefer noch als Herzeleid:
Weh spricht: Vergeh!
Doch alle Lust will Ewigkeit -,
– will tiefe, tiefe Ewigkeit!“

Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra (1883-1891)

Neon!