Archiv für den Monat: Dezember 2009

Wohligwarmes Hexenhaus

Weihnachten ist ein ganz besonderer Ort. Man findet ihn nicht so einfach. Lange läuft man über vereiste Wege, durch weite, verschneite Felder, vorbei an dunklen, einsamen Gehöften. Direkt zu den Füßen der Kläranlage Düsseldorf-Nord liegen einige kleine, einfache Häuser im Bungalowstil. Vermutlich wohnen dort Familien, die in einem engen Zusammenhang mit der dortigen Klär- und Wasseraufbereitungsanlage stehen. Sicher sind es Mitarbeiter, die von besonderer Wichtigkeit für dieses Unternehmen sind und im Notfall schnell eingreifen müssen, eben weil sie ihr Leben unmittelbar vor den riesigen Faultürmen verbringen.

Einer von ihnen hat seit Jahren ein ganz besonderes Hobby. In jedem Dezember verwandelt er sein kleines Flachdach-Bungalow in eine hell leuchtende Welt wechselnder Neonbilder. Magisch ziehen sie einen an, wenn man alleine über den Schnee durch die Dunkelheit stapft. Abends, im Winter, ist nichts und niemand an diesem einsamen Ort, nur Kälte, ein eisiger, schneidender Wind und einige, vom Wild angefressene Zuckerrüben. Warm scheint das helle Licht schon von weitem durch die eiskalte Atemluft. Niemand, der dort entlangkommt, kann sich diesem Schauspiel entziehen. Der Wind und die Kälte treiben einen voran, immer näher durch die Nacht, zum warmen, flackernden Licht. So müssen sich Hänsel und Gretel gefühlt haben, als sie hungrig auf das Hexenhaus zukamen, denke ich manchmal.
Es ist ein wenig irreal, vielleicht umwelttechnisch inkorrekt, geschmacklich mindestens fragwürdig. Aber dort draußen, in der Kälte und Dunkelheit, ist es ein magischer Ort der Wärme, des Lichts und der Hoffnung. Jedesmal im Dezember, wenn ich an diesem Haus vorbeikomme, habe ich ein Lächeln für dieses kleine, seltsame Bollwerk der wohligwarmen Helligkeit in einsamer, kristallkalter Schwärze. Mein Weihnachten ist ein ganz besonderer Ort. Dort, inmitten der schlafenden Winterfelder.
Neon!

Happy Holidays with Pomplamoose

Gerade hat mich Herr Banger auf die Spur dieses supersympathischen Duos gesetzt. Und sowieso ist das genau die Musik, die man für den Start in die ruhigeren, letzten Dezembertage braucht. Wunderbares Arrangement, witzig präsentiert. Da bekommt man richtig Lust, mal wieder selbst Musik zu machen. *“Gitarre stimmen“ auf ToDo-Liste schreib*

Edit 03/14: Geändert auf DailyMotion-Video
Happy Holidays to all of you! Mehr von Pomplamoose gibt’s übrigens hier.
Neon!
P.S. Herr Mahakala – würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich Sie im Rahmen dieses „Give a Goat“ Programms nach Afrika verschenke?

Fotografiesucht


BP British Art Displays 1900-2009 Photography Sarah Lucas / Gillian Wearing
„Self-Portrait With Fried Eggs“

Seltsam. Seit ich diese Fotografien am Sonntag im Tate Britain sah, gehen sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Irgendetwas an dieser Frau zwingt mich, über sie nachzudenken. Ist es ihre depressive Verletztheit oder die Aggressivität ihrer visuellen Konfrontation?


BP British Art Displays 1900-2009 Photography Sarah Lucas / Gillian Wearing
„Human Toilet Revisited“

Neon!

Kompensationssuchspiel

So many ideas, so less time. Doch die Zeit galoppiert und ich wünschte, ich hätte 48 Stunden am Tag. Um die beitragsfreie Zeit in diesem der temporären Verwahrlosung übergebenen Blog wenigstens einigermaßen zu überbrücken, kommt hier ein kleines QR-Code Suchspiel. Das verrät, wo ich morgen Mittag bis einschließlich Sonntagabend bin. Kleine Hilfe: Da, wo ich wohne, bin ich Auge in Auge mit dem Auge der Stadt. Viel Spaß beim Dekodieren. ;)
Neon!

Madamfo Ghana

Manchmal gibt es Momente im eigenen Leben, da bekommt man glasklar und völlig unprätentiös aufgezeigt, wie wenig wertschöpfend man ist, wie gering doch die eigenen Anstrengungen im Vergleich zu der mitreißenden, gelebten Begeisterung anderer sind, zu helfen, Leid zu beenden, neue Chancen für vormals Chancenlose zu schaffen und überhaupt – bedrückende Lebensrealitäten anderer Menschen dauerhaft zum Positiven zu verändern.
Da braucht es nur ein kurzes Fernsehinterview mit Bettina Landgrafe, 33, Nebenbei-noch-Studentin und Gründerin des Vereins ‚Madamfo Ghana‘, um einem halb-ahnungslosen Westeuropäer wie mir mit wahrhaft altruistischer Kraft und überzeugender Klarheit gnadenlos in seinen saturierten Schädel zu prügeln, was ein Mensch doch eigentlich bewirken kann, wenn er nur will. Zum Beispiel ein tradiertes System der Kindersklaverei in Ghana abzuschaffen, in dessen tragisches Konstrukt Eltern ihre teils 5-jährigen Kinder für etwa 25 Euro im Jahr an Fischer auf dem Volta-See verkaufen. 4 Uhr morgens raus auf den See zum Fischen, 14 Stunden härteste Arbeit, am späten Nachmittag das erste Essen, tagein, tagaus – für viele Jahre. Spielen, Schule, Ausbildung, oder zumindest Schwimmen lernen – Fehlanzeige. Schläge, Schmerzen, Tod – das Normale. 1x jährlich kommen seine Eltern ins Dorf, erzählt ein Junge, aber nur, um das Sklavengeld zu kassieren. Dann seien sie wieder fort.
Diese Frau hat schon viel erreicht. Medizinische Versorgung, Aufbau von Entbindungsstationen und Kliniken, Wasser, Schulen, eine existentielle Grundversorgung von Leprakranken. Ihre Augen blitzen kraftvoll und haben doch gleichzeitig diese einnehmende, demütige Traurigkeit, die man hat, wenn man angesichts der schmerzenden Alltäglichkeiten viel mehr erreichen können wollte, als die eigene Kraft und verfügbare Ressourcen es tatsächlich zulassen.
Liest sich wie ein brauchbarer Vorschlag für eine kleine Investition? Genau das sollte es sein! Diese mutige Frau und ihr kleines Team haben es verdient, dass man ihr Engagement und ihre Projekte besser unterstützt. Ich werde das im Dezember tun und hoffe, dass auch andere einen Teil ihrer „Weihnachtsinvestitionen“ hierhin abzweigen.
Neon!