Archiv für den Monat: November 2012

Organspendeenttäuschung

Meine Krankenkasse fragt freundlich an, ob ich nicht meine Organe spenden wolle. Ich halte das für keine gute Idee, weil ich den Zustand meiner Innereien nur zu gut kenne und jedem nachdringlich davon abraten würde, diese in irgendeiner Form weiter zu verwenden.
Meine Augen brauchen seit neuestem schon eine Gleitsichtbrille von der Größe eines Fahrradreifens. Die Spannkraft meiner Haut wäre für jedes arme Verbrennungsopfer ein zweites, sehr vermeidbares Desaster. Meine Leber spottet jeder Beschreibung und nimmt sicher schon 95% meines gesamten Brustraums ein. Mein Herz überschlägt sich manchmal schlimmer als Michael Schumacher in Formel1-Rennen. Und meine Lungenflügel erholen sich erst seit einigen Jahren von einer bestimmt 10cm dicken Teerschicht. Alles in allem wäre ich eine ziemliche Enttäuschung für jedes gut gelaunte Transplantationsteam. Dabei stelle ich mir vor, wie eine Gruppe hoffnungsfroh gestimmter Ärzte schwungvoll meinen weit geöffneten Bauchraum inspiziert, sich ein Organ nach dem anderen kopfschüttelnd von allen Seiten ansieht und dann mit zunehmender Enttäuschung in die braune Biotonne gleiten lässt.
Für mich als Spender wäre diese Situation sehr unangenehm, nicht nur, weil ich dann tot bin und völlig ergebnislos entkernt wurde. Ich wäre an der Stelle auch ganz persönlich darüber entsetzt, wie fahrlässig ich in meinem Leben mit meinen einzigen Organen umgegangen bin. Ich würde mich ungefähr so fühlen, als hätte ich die Organe in einer Organbücherei nur ausgeliehen und würde sie nun mit Eselsohren und Kaffeeflecken zurückgeben. Mich als Leiche würde das emotional ziemlich runterziehen.
Auch erscheinen einen Tag später sicher schlimme Artikel über mich als gewissenlosen Organ-Asozialen in bundesweiten Boulevardblättern. Das wäre sehr unappetitlich! Wenn ich das alles vor meinem geistigen Auge Revue passieren lasse, sollte ich meinen jetzt schon fragwürdigen Leumund nicht durch einen unbedachten Organspendeausweis fahrlässig ganz zerstören.
Um trotzdem irgendwann noch ein wenig Gutes zu tun, könnte ich Frau Araxe einige der Teile mit starken Gebrauchsspuren vermachen. Frau Araxe ist eine ressourcenschonende Frau, lässt insgesamt nichts umkommen und hat für fast alles noch irgendeine hübsche Verwendung. Außerdem treffe ich dann in Là-Bas sicher Herrn Mahakala wieder und wir können mal ordentlich fünf gerade sein lassen. Ich freu mich drauf!
Neon!

Bad Ass Navy Dog

Der verrückte Hund! Und damit meine ich mal ausnahmsweise nicht Herrn Mahakala, sondern Steven Chuck Norris-Segal, meinen Kampf-Labbi mit Navy Seals Ausbildung und der Lizenz zum Katzen-Dissen. Einmal im Jahr, exakt zu meinem Geburtstag, zieht er sich mir zuliebe immer die New York Cap auf, fläzt sich lässig auf die Couch, setzt den allercoolsten Bad-Ass-Rapper-Blick auf und lässt mich dann gnädig 10 Minuten seinen Bauch abschnuddeln.
Dafür will er aber auch im Gegenzug sofort sein Stück Geburtstagskuchen Schweineohr, bei dessen genüsslichem Verzehr er dann die Kappe meist schon wieder ablegt. Er ist halt kein Hund vieler Worte. Aber nett isses trotzdem von ihm. Harte Schale, weicher Kern, wissen’Se. Man muss ihn eben nehmen wie er ist, den alten Nahkampfzausel.
Neon!

Palpatine vs. Vader

Ich sitze also gerade im TechnoGym Arm Extension Gerät des Körperertüchtigungsstudios meines Vertrauens und trage stolz mein jüngst erworbenes US-Wahlkampftshirt.
Während ich angestrengt und weitestgehend hoffnungslos versuche, meinen durch laxe Schlamperei in desaströser Auflösung befindlichen Trizeps durch allerlei Übungen, gutem Zureden und flehentlichem Bitten wieder auf eine nennenswerte Erscheinung zu bringen, spricht mich ein Schwarzer, an seinem Slang unschwer zu erkennender Amerikaner an, der schon eine Weile auf den Schriftzug meines Tshirts starrt.
„So who won?“, fragt der muskulöse Schwarze mit den durchdringenden Augen knapp und zeigt mit seinem Kinn auf meine Brust, während ich versuche, seine Intonation und Mimik zu deuten. Leider ist diese Ableitung alles andere als eindeutig und so bin ich mir nicht schlüssig, ob er es vielleicht als Anti-Obama, als Anti-Romney oder gar Anti-Star-Wars interpretiert und das Ganze in wenigen Sekunden auf eine unschöne körperliche Auseinandersetzung im bereits angeschwitzten Sportdress hinausläuft. Mein Neo-Cortex errechnet fortlaufend die Erfolgschancen der ein oder anderen Antwort und informiert mich aufgeregt über das vermeintlich beste Chance/Risiko-Verhältnis.
Natürlich könnte ich „It’s Anti-Politics!“ antworten, aber das wäre dann doch etwas billig. Da hilft also nur noch der gute alte Beratergrundsatz „Wenn du eine Frage nicht beantworten kannst, gib sie einfach zurück“. Auf jeden Fall bringt das erst mal kostbare Nachdenkzeit.
„If you tell me, who’s Vader and who’s Palpatine, I’m gonna tell you who won the election!“, antworte ich dem Amerikaner, der mich immer noch subjektiv bedrohlich anschaut. Ich merke, wie mein Gegenüber die Antwort zerlegt und analysiert, dann huscht ein zurückhaltendes Lächeln über sein Gesicht.
„I wish I knew, man. I wish I knew. Nice shirt!“, sagt der Hulk und macht sich auf den Weg in Richtung Chest Press. Mein Neo-Cortex entspannt sich wieder, dann denke ich weiter darüber nach. Wer ist Palpatine und wer Vader? Und ist der ganze Wahlzirkus nicht nur eine milliardenschwere Inszenierung von vermeintlichen Alternativen, die in Wahrheit keine sind und deren Protagonisten nur graduell heterogene Akteure des militärisch-industriellen Komplexes und seinen Zwängen und Interessen sind? Brot und Spiele für das Volk und die staunende Weltöffentlichkeit.
Mein Trizeps kapituliert im 3. Satz bedingungslos. Ich glaube, er will mir sagen, ich sollte im Fitti weniger Politik wälzen und mehr Eisen stemmen. Nächstes Mal.
Neon!