Zauberhafter Pumpsverlust

Wenn man bereit ist und es zulässt, braucht es meist nicht viel, um den grauen, traurigen Seelenschleier wie einen morbiden Vorhang wegzuziehen und leichteren Fußes vom Hochsitz der dunklen Gedanken hinabzusteigen. Das Ereignis, das dies bewirkt, muss auch nicht immer der Situation entsprechend angemessen daherkommen.
Oft ist es etwas, das mein besonderes Interesse erregt, das meine Gedankenzüge ganz unerwartet auf neue Schienen setzt, etwas extremistisch Unalltägliches, etwas zauberhaft Absonderliches, etwas so unvergleichlich Merkwürdiges, dass es sofort alle Schichten der bleiernen Nabelschau wegsprengt.
Situative Bilder sind gute Kandidaten für einen solchen Befreiungsschlag. Hinzu kommt, dass ich Bilder liebe, die eine Geschichte andeuten, aber deren innere Ausgestaltung der eigenen Phantasie überlassen. Kürzlich, an einem Samstag, auf dem Weg zum Wald, hielt ich vor eben dieser Ampel. Irgendjemand war wohl nächtens seines sehr eleganten Pumps verlustig gegangen, eine andere Person hatte diesen gefunden und angesichts seiner unzweifelhaften Werthaltigkeit und zwecks romantischer Wiedervereinigung mit dem nun einsamen Single-Pumps an unbekanntem Aufenthaltsort auf diese Baustellenampel gestellt.
Naja, und wie ich so vor der roten Ampel wartete und darüber nachdachte,

  1. wie Herr Mahakala wohl in dieses Viertel gelangte,
  2. in welchem Zustand und bei welcher anrüchigen Tätigkeit er den Verlust des Pumps nicht bemerkte,
  3. und wie er einseitig barfüßig und frustriert ob des teuren Verlusts nach Hause stöckelte,

schlich sich erst langsam, dann schneller, ein Lächeln auf meine Lippen.
Das Leben ist einfach unberechenbar schön, so wunderbar unvorhersehbar und überraschend, dass man einfach keinen Tag verpassen sollte, nur weil man zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Für diese wichtige Lektion gebührt Herrn Mahakala mein ausdrücklicher Dank! ;)
Neon!

13 Gedanken zu „Zauberhafter Pumpsverlust

  1. pathologe

    So wie ich die Sache sehe, hat Herr Mahakala seinen Pumps im Rotlichtviertel verloren, kurz, bevor er gruen vor Neid durchstartete. Verdient er sich sein karges Zubrot zum Studentenleben per Autostopp? Ost er etwa vom fahrenden Volk? Oder hat er sich, lausbedingt, nur Ampel zkratzen muessen?

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    1. NeonWilderness

      Herr Pathologe!!! Sie reden von einem zukünftigen Bachelor of Science! Dass Herr Mahakala ab und zu mal am Wochenende an der Stange tanzt, hat bis jetzt noch keine ernstzunehmenden Auswirkungen auf seine Psyche genommen. *Fingerkreuz*

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  2. Orinoko

    Hier sieht man schön, wie vermeintliche Gegensätze wie: Verlust und Verlustierung Hand in Hand gehen können.
    Eine feine Lektion für das beginnende Wochenende, quasi Wort zum Samstag :-)

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  3. C. Araxe

    Hm, ich bin da skeptisch, ob der wirklich von Herrn Mahakala stammt.
    1. Viel zu schlicht und unbunt (nein, die Schleife reißt das auch nicht raus).
    2. Viel zu klein.

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    1. NeonWilderness

      Frau Araxe – Ihnen kann man wirklich nichts vormachen! Daher gilt weiterhin:

      „Ruckedigu, ruckedigu,
      Blut ist im Schuh.
      Der Schuh ist zu klein, der Schuh ist zu klein,
      die rechte Braut sitzt noch daheim.“

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