Blutiger Mond

Alice Cooper Luney Tune

Spät ist es. Der Winamp spielt Alice Cooper’s Luney Tune. Ein guter, ehrlicher Sound, um etwas Neues zu schreiben. I took a spit at the moon, it’s all in this luney tune… Ja, wer von den Tokio-Hotel-Quietschies weiß heute noch, dass Alice nicht immer eine lasziv dreinblickende Blonde war, die barfüßig hüpfend DSL-Verträge unter die Leute bringt. Das alles ist ja so deprimierend.
Dies ist jetzt wohl der richtige Moment, zuzugeben, dass das epochale Ton-Meisterwerk Alice Coopers die bislang heimliche, gemeinsam empfundene Leidenschaft mit Herrn Humanary ist. Nicht nur teile ich seine Meinung, dass Cooper einer der unterschätztesten Musikgenies seiner Zeit ist, auch möchte ich hier unwidersprochen sagen dürfen, dass sich unter der Bühnen-Guillotine niemand so elegant und glaubwürdig von seinem Kopf zu trennen wusste wie er. Obwohl ich bereit wäre, mein Urteil zu revidieren, wenn man Benni Herd als Highlight der nächsten DSDS-Themenshow auf selbige Weise dauerhaft aus dem menschlichen Genpool entfernen und damit seiner unerträglichen Bühnenpräsenz ein blutiges, aber durchaus faires und gerechtes Ende setzen würde.
Is this all real? Is this all necessary? Or is this a joke? Dies war ein seltsames Pärchen im Fitness-Studio. SIE, wohl leicht sportvorgebildete Assistentin mit dem Aussehen einer Thekenschlampe, ER ihr Chef oder definitiv Teamlead. SIE sucht säuselnd um Erlaubnis nach, seine Oberschenkelmuskeln zu stretchen: „Duuu, ich setz jetz‘ ein wenig Gewicht auf dein rechtes Bein. Sagsu mir bitte, wenn es für dich nicht mehr angenehm ist, jaaaa?“, wobei SIE IHN mit ihren Dschungelbuch-Mogli-Augen anhimmelt als würde SIE IHN am liebsten gleichzeitig oral entspannen. Während ich noch überlege, ob SIE das in der Stellung so rein technisch parallel hinbekäme, beginne ich, mich mit dem Gedanken anzufreunden, weil SIE dann für eine Weile wenigtens nichts mehr sagen könnte.
„Duuu, gehts noch? Isses dir angenehm so? Oh du machst das wirklich soooo guuut“, säuselt SIE ihren unter ihr liegenden Boss an, und guckt jetzt mit ihren rotierenden Augen wie Schlange Ka in der Hoffnung, morgen früh gleich die Gehaltserhöhungen der nächsten 20 Jahre zu bekommen. Leider schaut Chef gelangweilt auf seine Uhr, murmelt etwas unwillig „Ach ja?“ und hält ihr das andere Bein hin, damit SIE auch dieses einer angemessenen Entspannung zuführe.
Ich glaube, das war der Moment, als ich an Alice Cooper und Guillotinen denken musste. Ich fürchte, wenn ich bestimmen könnte, wer auf die Guillotine müsste, wäre die Welt sehr viel leerer. Aber auch irgendwie angenehmer. Zumindest für mich. Ich könnte mich da bestimmt sehr schnell entscheiden. Die beiden aus dem Fitnessclub hätten schon mal garantiert dazu gehört. I’m swimmin‘ in blood. Like a rat on a sewer flood. No longer insane. Just part of this crazy dream.
Ich schnappe mein Handtuch und gehe duschen und saunieren, noch bevor ich zum Mörder werde. Draußen lächelt mich wieder der Mond an. „I took a spit at the moon, it’s all in this luney tune…“, singe ich und danke still Alice Cooper für seine beruhigenden Phantasien. Und natürlich für seine Musik.
Neon!

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