Eiskalte Glücksgefühle

Ich bin ein mysteriöses Bündel seltsamer chemischer Prozesse. Manche davon würde ich gerne besser verstehen. Ein Beispiel: Wenn ich mich im Fitnessclub Vitalstudio meines Vertrauens nach etwa zweieinviertel Stunden intensiver Muskelquälerei in die finnische Sauna begebe und dort so richtig hochglühe, mich dann eiskalt unter der Schwalldusche abschrecke, habe ich, während ich entspannt auf einer Liege ruhe, intensive Glücksgefühle.
Nicht etwa so ein banales, platonisches Zufriedenheitsgefühl, das man ja zu Recht haben dürfte, wenn man stundenlang gegen seinen inneren Schweinehund und alle eisenhaltigen Geräte im Studio angekämpft hat. Nein, Ströme von Glück wabern durch mein peripheres Nervensystem, verästeln sich neugierig in 43 Nervenpaaren, saturieren auf dem Weg mein Medulla Spinalis und lassen Interneurone und Motoneurone eine wilde Party feiern.
Ich vermute, die Hitze der Sauna in Verbindung mit der genetisch programmierten Urangst des Menschen, elendig zu verbrennen, aktiviert hormonelle Botenstoffe (z.B. Adrenalin), die dann bei der glücklichen Rettung durch die eiskalte Schwalldusche flugs zu Dopamin umgebaut werden. Jedenfalls bei mir.
Dann sprang mich ein seltsamer Gedanke an: Ob Eier wohl genau so empfinden, wenn sie gekocht und dann abgeschreckt werden? Ich möchte gerne daran glauben, weil ich lieber glückliche Eier von glücklichen Hühnern esse, die von gewaltfrei aufgezogenen Bauern freilaufend gehalten werden.
Am kommenden Samstag werde ich mich versuchsweise nach fünfeinhalb Minuten des Kochens mit sanfter Stimme an das Ei wenden: „Hey, Du, ich weiß genau, wie Du dich gerade fühlst. Ich kenne das. Noch ist Dir furchtbar heiß, aber warte, bis ich Dich gleich unter eiskaltes Wasser halte. Das wird Dir wirklich gefallen!“.
Wenn ich dazu noch James Brown’s „I feel good“ auflege, wird es ein unvergessliches Erlebnis für das Ei werden. Sicher wird es diesen respektvollen Umgang zu schätzen wissen. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, wo es in meinem Mund verschwindet.
Neon!

29 Gedanken zu „Eiskalte Glücksgefühle

    1. NeonWilderness

      Korrigieren kann man nur falsche Sachen. Fräulein Calientes sehr emotionale Liebeserklärung war jedoch inhaltlich vollkommen korrekt. Ich denke, es ist auf ihre aktuelle Trennung und den für sie ungewohnten Single-Status zurückzuführen.

      Irgendwann werde ich Ihnen mit einem Permanent-Edding-Textmarker debile Eigesichter auf alle Ihre Zehen malen und Sie dann barfuß vor die Tür schicken!

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    2. pathologe

      Hm. Sollte uns zu denken geben dann. Herr Neon an Osteritis Spectacularis erkrankt? Zwanghaftes Eieranmalen, moeglicherweise sogar bei sich selbst?

      Ich will ja nicht wissen, wie das aussieht, wenn er nach dem Anmalen nackt vor die Tuer geht.

      Obwohl, eigentlich doch.

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    3. caliente_in_berlin

      Ungewohnter Singlestatus? Na ich weiß ja nicht…vor dem Spanier mehrere Jahre solo, nach dem Spanier über ein Jahr solo…man nimmt ja nicht jeden. Ja klar…wenn ein Herr Neon vorbeikommen würde… *seufz* :P

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    4. NeonWilderness

      @Alle – leider kann ich erst jetzt antworten, da ich meine Eier noch entfärben musste. Diese Hühnchen auf den Ü30 Ü40-Parties stehen ja wie verrückt auf sowas. *Herrn Pathologen box*

      @Frau Araxe – in Ihrem jetzigen Alter ist der Peinlichkeitsfaktor aber wesentlich höher. Obwohl, so genau kenn ich mich da in der Designerszene auch nicht aus… *g

      @Fräulein Caliente – ja meinen Sie, ich wechsel wegen Ihnen noch die Staatsangehörigkeit und die Haarfarbe!? Spanier. Brünett. Tsss.

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  1. rinpotsche

    Eier sind in Ihrem beschrieben Falle mausetot… Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen berichten, dass wenn ich heiß gemacht wurde, und es klopft erschreckend laut an der Tür, oder, schlimmer noch, dann war das noch niemals Dopamin!*schaut gehetzt nach links*

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    1. rinpotsche

      Das spränge den, in besonders ausgesucht schöner Wischtechnik gestalteten Rahmen Ihres Blogs. Das will keiner! Wachsmalfarben und mit feuchten Fingern leicht darüber gerieben? Wurde im Kindergarten gerne zur Zertreuung genutzt. Herrlich.

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    2. NeonWilderness

      *g „Zertreuung“ ist die korrekte Freud’sche Antwort auf meinen Post, Frau rinpotsche. Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit.

      Feuchte Finger ist genau Ihr Ding, nicht wahr? Das verwenden Sie immer wieder. Ob über Brauen oder Wachsmalfarben.

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    3. pathologe

      @Neon: Eierlecken? Aber nur rasiert schalenfrei schmeckt’s richtig!Habe ich mir sagen lassen.

      @Rinpotsche: alles eine Sache fehlenden Rueckgrats. Insofern muss ich solche Aufgaben meist delegieren.

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