Madamfo Ghana

Manchmal gibt es Momente im eigenen Leben, da bekommt man glasklar und völlig unprätentiös aufgezeigt, wie wenig wertschöpfend man ist, wie gering doch die eigenen Anstrengungen im Vergleich zu der mitreißenden, gelebten Begeisterung anderer sind, zu helfen, Leid zu beenden, neue Chancen für vormals Chancenlose zu schaffen und überhaupt – bedrückende Lebensrealitäten anderer Menschen dauerhaft zum Positiven zu verändern.
Da braucht es nur ein kurzes Fernsehinterview mit Bettina Landgrafe, 33, Nebenbei-noch-Studentin und Gründerin des Vereins ‚Madamfo Ghana‘, um einem halb-ahnungslosen Westeuropäer wie mir mit wahrhaft altruistischer Kraft und überzeugender Klarheit gnadenlos in seinen saturierten Schädel zu prügeln, was ein Mensch doch eigentlich bewirken kann, wenn er nur will. Zum Beispiel ein tradiertes System der Kindersklaverei in Ghana abzuschaffen, in dessen tragisches Konstrukt Eltern ihre teils 5-jährigen Kinder für etwa 25 Euro im Jahr an Fischer auf dem Volta-See verkaufen. 4 Uhr morgens raus auf den See zum Fischen, 14 Stunden härteste Arbeit, am späten Nachmittag das erste Essen, tagein, tagaus – für viele Jahre. Spielen, Schule, Ausbildung, oder zumindest Schwimmen lernen – Fehlanzeige. Schläge, Schmerzen, Tod – das Normale. 1x jährlich kommen seine Eltern ins Dorf, erzählt ein Junge, aber nur, um das Sklavengeld zu kassieren. Dann seien sie wieder fort.
Diese Frau hat schon viel erreicht. Medizinische Versorgung, Aufbau von Entbindungsstationen und Kliniken, Wasser, Schulen, eine existentielle Grundversorgung von Leprakranken. Ihre Augen blitzen kraftvoll und haben doch gleichzeitig diese einnehmende, demütige Traurigkeit, die man hat, wenn man angesichts der schmerzenden Alltäglichkeiten viel mehr erreichen können wollte, als die eigene Kraft und verfügbare Ressourcen es tatsächlich zulassen.
Liest sich wie ein brauchbarer Vorschlag für eine kleine Investition? Genau das sollte es sein! Diese mutige Frau und ihr kleines Team haben es verdient, dass man ihr Engagement und ihre Projekte besser unterstützt. Ich werde das im Dezember tun und hoffe, dass auch andere einen Teil ihrer „Weihnachtsinvestitionen“ hierhin abzweigen.
Neon!

7 Gedanken zu „Madamfo Ghana

    1. C. Araxe

      Ja, manchmal ist man da etwas hilflos, weil es eben so viel wirklich förderungswürdige Projekte gibt. (Neben den ganzen Organisationen, bei denen nur ein kleiner Teil der Spenden als Hilfe ankommt.)

      Antworten
    2. NeonWilderness

      @Frau Monsterkeks – Spenden „lokal“ zu halten finde ich generell auch einen sehr guten Entscheidungsparameter. Zum einen gibt es in direkter Nähe auch viel Hilfsmöglichkeiten und Bedarf, zum anderen kann man sich genauer informieren und die Mittelverwendung besser kontrollieren.

      In diesem Fall war die Glaubwürdigkeit und der Enthusiasmus der Gründerin von Madamfo Ghana für mich persönlich ausschlaggebend. Sechs Monate im Jahr ist sie vor Ort in Ghana und organisiert/verhandelt/macht selbst. Daneben hat sie ein kleines Team von lokalen Helfern vor Ort. Niedrige Verwaltungskosten und persönliches Engagement – eben anders als eine diffuse Großorganisation, die 1/3 der Spendengelder selbst verbraucht und den Rest per Gießkanne verteilt.

      @Frau Araxe – Genau in dem Punkt bin ich auch immer sehr vorsichtig. Wenn selbst das DZI einen Anteil von sage und schreibe 35% als Anteil für Organisations-Gemeinkosten als „vertretbar“ einstuft, kann ich da nicht wirklich folgen. Ich möchte, dass möglichst 100% meiner Spende für tatsächliche Hilfsarbeit verwendet wird und damit nicht die Büro-Plätzchen und -Weihnachtskränze für eine feiste Spendenorganisation finanziert werden. Daher diesmal Madamfo Ghana: Schlank, konzentriert, direkt und auf den Punkt. Small is beautiful. Zumindest da.

      Antworten
  1. rebhuhn

    da ich gerade gestern mein weihnachtsgeld auf dem konto erspäht und mich tierisch darüber aufgeregt habe, daß so viel geld einfach so zusätzlich an ‚alle‘ ausgezahlt wird, bin ich dabei.

    Antworten
    1. NeonWilderness

      @Frau Rebhuhn – das freut mich sehr, wenn Sie mitmachen! Wenn es Sie außerdem moralisch erleichtert, überweisen Sie mir bitte gerne den Rest Ihres unverdienten Weihnachtsgeldes. Ich helfe überall gerne. ;)

      Antworten
    2. rebhuhn

      herr neon, das wird mir trotz allem schwer fallen ;).

      tatsächlich gelangt meine obige entscheidung bereits etwas ins wanken, da auf der seite der kleinen organisation von der großen spendenflut gesprochen wird, die seit der tv-sendung eingeht. meiner erfahrung nach gibt es bei einem gewissen überschuß an spenden innerhalb einer organisation häufig auch wieder probleme… vielleicht doch lieber woanders spenden? naja, spenden in jedem fall.

      Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert