Prayer at the Pump

Prayer at the Pump

Religion muss ja als Hoffnungsträger grundsätzlich für Vieles herhalten. Für ein ewiges Weiterleben nach dem Ableben, für die Bereitstellung von 72 Jungfrauen oder die Wiedergeburt als superdicker, erleuchteter Mann, der an rein gar nichts mehr denkt (Exkurs: Eine etwaige, theoretisch mögliche Kombination der 3 erhofften Zustände wäre sicher sehr frustrierend – für die 72 Jungfrauen allemal).
Wenn also Religion im Jenseitigen so viel schaffen kann, dann darf man wohl im Diesseitigen auch schon mal eine kleine Probe ihres Könnens erwarten. Dachte sich Rentner Rocky Twyman und gründete in Washington die Bewegung ‚Prayer at the Pump‘ (Beten an der Zapfsäule).
Gemeinsam mit seinen etwa 200 Gefolgsleuten lädt er an einer jeweils ausgewählten Tankstelle zu einem religiösen Stelldichein, auf dem schon mal Litaneien wie „Diese Preise werden fallen, so wie die Mauern von Jericho in der Bibel gefallen sind“ vielstimmig herunter gebetet werden. Und das alles nur, weil der Preis für eine Gallone (knapp 4 Liter) Kraftstoff jüngst auf vier Dollar (entspricht 2,60 €) gestiegen ist – Preise, bei denen selbst ungläubige Deutsche an der Tankstelle auf die Knie fallen und dem Herrn auf der Stelle an der Zapfsäule danken würden. Aber so sehr die ‚Prayer at the Pump‘ auch Joan Baez‘ Kultsong „We shall overcome“ als „We shall have cheap gas“ iterieren und sich dabei erwartungsfroh an den Händen fassen – die Spritpreise steigen unaufhörlich weiter.
Wahrscheinlich fährt Gott Toyota Prius oder Fahrrad und wählt Schwarz-Grün, denn bis jetzt hat er die inbrünstigen Gebete nicht erhört. Das Barrel Light Sweet Crude Oil (159 Liter) stieg heute auf ein neues All-Time-High von 123,25 US-Dollar. Rocky Twyman wird sich mehr anstrengen oder jemand anderen anflehen müssen, „(Zitat) in das Leben dieser selbstsüchtigen, gierigen Leute einzugreifen, die die Preise so steigen lassen.“
Religion ist nun mal kein Wunschkonzert. Dass ICH das irgendwann mal sage, ist auf jeden Fall ein Wunder. Amen.
Neon!

12 Gedanken zu „Prayer at the Pump

  1. pathologe

    Zum Exkurs: Irgendwie muss man ja die Zahl von 72 Jungfrauen konstant halten – wie nicht, wenn man einfach dem erleuchteten Manne die Faehigkeit der Erinnerung nimmt? Obwohl dies nicht immer funktioniert. Aber den Versuch ist es wert.

    Ja ja, da sollten diese gottesfuerchtigen Menschen mal in einen gottesfuerchtigen Staat kommen. Dort wuerden ihre Gebete erhoert werden. Hier in Qatar kostet der Liter Superbenzin momentan gerade mal 80 Dirhams, also 0,8 Rials. Nach aktuellem Kurs entspricht dies einem Preis von 14,2 Eurocent. Vielleicht sollten die Jungs mal ihre Einstellung ueberdenken, zu welchem Gott es sich zu beten lohnt?

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    1. NeonWilderness

      *g Sie meinen, wenn man dem Manne die Erinnerungsfähigkeit nähme, könne man auch in absoluten Zahlen mit 72 Jungfrauen auskommen, die eben immer reihum gehen und ihre göttlichen Dienste ausüben? Hm, das wäre natürlich ein fieses Schneeballsystem, bei dem die Nachfolgenden übelst beschissen würden: Man darf ja wohl davon ausgehen, dass die Damen schon eine Weile tätig sind und demnach schon lange keine Jungfrauen mehr sind – von normalen Abnutzungserscheinungen mal gänzlich abgesehen. Wie auch immer: bei diesem speziellen Versprechen wäre ich als Anspruchsberechtigter sehr sehr skeptisch!

      14,2 Cent!!! Ich habe soeben mein neues Anbetungsobjekt gefunden! Viele Grüße nach Qatar! ;)

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    1. NeonWilderness

      Wenn Sie wüßten! Ich habe die Fähigkeit, temporär mein überschüssiges Y-Chromosom abzuschalten. Dann kann ich denken wie eine Frau. Oft lasse ich dann auch irgendwo meine Sporttasche stehen und verliere Hosen.

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